Studieren auf dem Riesenrad
(sf) Ein ungewöhnlicher Anblick: Rund 20 Studenten des Fachbereichs Maschinenbau und Verfahrenstechnik sitzen verteilt auf acht von insgesamt 42 Gondeln im Riesenrad und schauen sich die Stadt am Rhein von oben an. Um genau zu sein, aus 56 Meter Höhe. Diese Spanne misst das „Bellevue“, ein Riesenrad. Die Schaustellerfamilie Oscar Bruch hat aufgrund der positiven Resonanz der angehenden Ingenieure im vergangenen Jahr am 14. Juli erneut Studenten um Prof. Dr. Bernhard Siemon auf die Rheinwiesen in Düsseldorf Oberkassel eingeladen, um ihnen Einblicke in die mobilen Anlagen zu gewähren.
Innerhalb einer Exkursion nutzten die Studenten die Möglichkeit, sich „ingenieursmäßig“ mit der Konstruktion der Anlage, dem Sicherheitskonzept für den Fahrbetrieb sowie der im Zusammenhang mit dem Auf- und Abbau und dem Transport der Anlage zu lösenden Probleme der Logistik auseinander zusetzen. Seit über 100 Jahren arbeitet das Traditionsunternehmen aus Düsseldorf bereits mit Riesenrädern. „Das „Bellevue“ aus dem Jahr 1994 verfügt über ein Gesamtgewicht von 35 Tonnen und wird mit insgesamt 16 LKW verladen“, erklärte Oscar Bruch den interessierten Zuhörern. Daneben erklärte er die Antriebsleistung durch Gleichstrom und die Problematik angesichts der „magischen drei L“. Dahinter verbirgt sich die Aussage der Schausteller „Licht lockt Leute“. Angesichts der steigenden Energiepreise, so Bruch, ein enormer Kostenfaktor. Derzeit ist das Riesenrad mit 55 000 Brennstellen bekleidet. Doch angesichts der rechtlichen Änderungen werde künftig auf LED umgestellt.
Darüber hinaus bekamen die Studenten Informationen zu den betriebswirtschaftlichen Hintergründen. So belaufen sich die Kosten allein für die Kirmes in Düsseldorf für die Logistik, den Transport sowie den Auf- und Abbau auf 80 bis 85 000 Euro. „Dafür muss ich das Rad schon einige Male drehen“, merkte Bruch an. Die Fragen der Studenten gekoppelt an die angeregte Diskussion mit dem Geschäftsführer zeigten, das große Interesse der Studierenden. Zu den vorgeschriebenen Normwerten, TÜV, Wartung, Dreh- und Angelpunkten blieb ihnen keine Frage unbeantwortet.
„Es ist wichtig, dass die Studenten praktische Eindrücke erhalten, von der Produktidee über die Entwicklung bis hin zur Nutzung und zwar auch in Hinblick auf die wirtschaftliche Situation“, freute sich Prof. Bernhard Siemon über die gelungene Exkursion.
Krönender Abschluss war dann für die angehenden Maschinenbau-Ingenieure eine Sonderfahrt – und zwar nicht nur im „Bellevue“, sondern in der 82-Jährigen Nachbarin, der „Raupe“. Ein maschinenbautechnisches Schmankerl, wie sich herausstellte. Das besondere an dem einst vergleichsweise schnellfahrenden Rundfahrgeschäft ist sein Antrieb durch Wasser in Verbindung mit Salzen.
Die einhellige Meinung aller Beteiligten war, das man das im nächsten Jahr nochmals anbieten sollte, denn solch eine großartige Ingenieurleistung wie diese Achterbahn kann man aus der Nähe nicht jeden Tag besichtigen.