Fachhochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences
 
 
 

30. Juni 2008

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Wenn irgendetwas schief geht ... „Sozialarbeit mit Strichern“

(sf) „Irgendetwas ist schief gelaufen. Wer weiß, warum man das überhaupt macht, und die Hauptfrage ist, wie soll es weiter gehen? Manchmal möchte ich einfach nur weglaufen, schreien, tot sein (...),“ sagt der junge Mann, der an einer Rheinbrücke in Köln lehnt, vor laufender Kamera. Mit einer Dokumentation über die psychosozialen Hintergründe junger Männer, die aus verschiedenen Gründen ihre Körper für Geld verkaufen, führte Walter Scheffler am 25. Juni in die Diskussion zum Thema „Sozialarbeit mit Strichern“ ein.


Rund 50 Interessierte waren der Einladung des Dozenten in den VV-Raum des Fachbereichs Sozial- und Kulturwissenschaften gefolgt.
Doch was treibt die „Jungs“, wie sich die meisten selbst nennen, dazu, sich zu prostituieren? Reines Anschaffen? Und wie reagieren soziale Einrichtungen darauf? Diese und andere Fragen diskutierte eine vierköpfige Experten-Runde. Dabei stellte sich heraus, dass die Struktur des Milieus in den Städten Köln, Essen und Düsseldorf unterschiedlich geartet ist. „Wir stellen mit Schrecken fest, dass es sich meistens um Jungen handelt, die selbst pädokriminellen Missbrauch erfahren haben,“ erklärte Jan Gentsch von Looks e.V., Köln. Pädokriminalität erfordert eine lange Vorbereitungsphase. Hierbei baut der Täter mit Kindern meistens bis zur Pubertät eine tragfähige Beziehung auf. Insbesondere Kinder, die emotional unterversorgt sind und keine feste Bezugsperson haben, sind häufig Opfer dieser Beziehung, in der viele die sich entwickelnde Gewalt schließlich kaum mehr von Liebe zu unterscheiden wissen. Nach Abbruch dieser Bindung schließe sich, so Gentsch weiter, die Prostitution häufig lückenlos an.

Ein wenig anders verhält es sich nach Angaben von Manuel Hurschmann in Essen. Der Student des Fachbereichs hat im vergangenen Jahr ein Praxissemester bei der Einrichtung Nachtfalke in Essen absolviert und engagiert sich seitdem dort als Honorarkraft. „Wir haben ein sehr heterogenes Feld“, erklärt er. Die Männer seien zwischen 18 und Anfang 30. Es bestehe bei den meisten eine hohe Suchtabhängigkeit. „Unser Ziel ist es, ein bewusstes Anschaffen zu erreichen“, sagte der angehende Sozialarbeiter und machte deutlich, sich bewusst zu schützen und sich über mögliche Risiken bewusst zu sein, sei oft ein wesentlicher Schritt in den Ausstieg. „Das Handeln der Jungs wird von uns als sexuelle Dienstleistung gesehen“, hob er hervor. Es gehe nicht darum, bloße Aufklärungsarbeit zu leisten und die Jungs in Schablonen für ein „normales“ Leben zu pressen, sondern es zu akzeptieren und so den bewussten Umgang damit zu stärken, so Hurschmann.

„Akzeptanz als Basis für erfolgreiche Arbeit“
Wenn dann von den Jungs der Ausstieg gewünscht ist, erfolge auch die ausstiegsorientierte Arbeit. Ähnlich werteten auch Corina Geng von Flingern mobil e.V. in Düsseldorf und Marco Grober von der Aids-Hilfe Düsseldorf die Situation. Ohne den erhobenen Zeigefinger zu heben, reden sie mit den Jungs, machen sie auf Risiken aufmerksam und geben ihnen die schützenden Hilfsmittel. „In Düsseldorf haben wir auch keine solche Entwicklung wie in Köln oder beispielsweise Berlin, den Hochburgen der homosexuellen Szene“, weiß Grober. Mit rund 150 Jungs, was vergleichsweise gering ist, verfüge die Stadt nicht über den typischen Strich. Die Szene, so der Experte, spiele sich im Großen und Ganzen in zwei Kneipen ab. „Auffällig ist, dass es wenig deutsche Jungs darunter gibt. Die meisten haben einen muslimischen Background und diese jungen Männer gehen vielfach für ihre Familien anschaffen“, berichtete Grober. Daher wundere es auch nicht, dass etwa zwei Drittel nicht homosexuell sind und auch die Drogenabhängigkeit nicht so hoch sei wie etwa in Essen oder Köln.


Auf Initiative von Dipl.-Soz. Päd.grad. Walter Scheffler, Dozent für Didaktik/Methodik der Sozialpädagogik, insbesondere Armutsbekämpfung und Wohnungslosenhilfe, diskutierten Experten aus Düsseldorf und der Region zum Thema „Sozialarbeit mit Strichern“. Foto: grenzenlos e.V.

FH Düsseldorf
08.03.2010 - 14:16

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