Eine Lehrveranstaltung der besonderen Art: „Studieren auf der Achterbahn“
Ein ungewöhnlicher Anblick: Rund 20 Studenten des Fachbereichs Maschinenbau und Verfahrenstechnik sitzen verteilt auf acht von insgesamt 42 Gondeln im Riesenrad und schauen sich die Stadt am Rhein von oben an. Um genau zu sein, aus 56 Meter Höhe. Diese Spanne misst das moderne Riesenrad. Die Schaustellerfamilie Oscar Bruch hat aufgrund der positiven Resonanz der angehenden Ingenieure in den vergangenen Jahren am 20. Juli erneut Studierende um Prof. Dr. Bernhard Siemon auf die Rheinwiesen in Düsseldorf- Oberkassel eingeladen, um ihnen Einblicke in die mobilen Anlagen zu gewähren.
Innerhalb einer Exkursion nutzten die Studentinnen und Studenten des Fachbereichs Maschinenbau und Verfahrenstechnik die Möglichkeit, sich „ingenieursmäßig“ mit der Konstruktion der Anlage, dem Sicherheitskonzept für den Fahrbetrieb sowie der im Zusammenhang mit dem Auf- und Abbau und dem Transport der Anlage zu lösenden Probleme der Logistik auseinanderzusetzen. Seit über 100 Jahren arbeitet das Traditionsunternehmen aus Düsseldorf bereits mit Riesenrädern.
Doch nicht nur damit: Das Highlight für die interessierten Studierenden war zweifellos der „Spinning Racer“, die derzeit modernste Achterbahn. Das 15,5 Meter hohe Fahrgestell mit einer zuweilen spiralförmigen Schienenanlage und einem Gesamtgewicht von 135 Tonnen ist mit acht Gondeln bestückt. Diese erreichen nicht nur eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 60km/h, sondern drehen sich auch noch frei um 360 Grad während der rasanten Fahrt. Dadurch erhält jede Fahrt einen individuellen Charakter. „Besonders sind hierbei die Neigungen und die elektronische Auslösung der Bügelsperren, die ab einer gewissen Stellung durch einen Impuls ausgelöst wird“, erklärt Bruch jr. den Zuhörenden.
Auch zu den vorgeschriebenen Normwerten, TÜV, Wartung, Dreh- und Angelpunkten blieb ihnen keine Frage unbeantwortet. An die Wartung und Instandhaltung, so der Schausteller, stellte der TÜV besonders hohe Anforderungen. Die verantwortlichen Mitarbeiter müssen dazu einen gesonderten, zertifizierten Lehrgang absolviert haben.
Daneben erklärte er die Antriebsleistung durch Gleichstrom und die Problematik angesichts der „magischen drei L“. Dahinter verbirgt sich die Aussage der Schausteller „Licht lockt Leute“. Angesichts der steigenden Energiepreise, so Bruch, ein enormer Kostenfaktor. Jedoch ist der „Spinning Racer“ mit mehreren Hunderten LED-Leuchten bestückt. „Das hat den Vorteil, bis zu 80 Prozent der Beleuchtungsenergiekosten einzusparen“, macht der „Gastdozent“ deutlich.
Darüber hinaus bekamen die Studenten Informationen zu den betriebswirtschaftlichen Hintergründen. So belaufen sich die Kosten allein für die Kirmes in Düsseldorf für die Logistik, den Transport sowie den Auf- und Abbau auf 80 bis 85.000 Euro. „Dafür muss ich das Rad schon einige Male drehen“, merkte Bruch an. Die Fragen der Studenten gekoppelt an die angeregte Diskussion mit dem Geschäftsführer zeigten das große Interesse der Studierenden. Für Evelina Lehmann war es die erste Exkursion. Sie studiert im sechsten Semester innerhalb des Bachelor-Studienganges Produktentwicklung- und Produktionsentwicklung und ist begeistert: „Es ist unglaublich spannend. Solche Dinge erwartet man ja nicht unbedingt von einem Maschinenbau-Studium“, sagt sie.
Zufrieden ist auch der betreuende Professor Bernhard Siemon: „Es ist wichtig, dass die Studenten praktische Eindrücke erhalten, von der Produktidee über die Entwicklung bis hin zur Nutzung und zwar auch in Hinblick auf die wirtschaftliche Situation“, freute er sich über die gelungene Exkursion.
Die einhellige Meinung aller Beteiligten war, dass man das im nächsten Jahr nochmals anbieten sollte, denn solch eine großartige Ingenieurleistung wie diese Achterbahn kann man aus der Nähe nicht jeden Tag besichtigen.