FH D-Absolvent promoviert mit der Note „sehr gut“
André Stuhlsatz, Absolvent des Studiengangs Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Nachrichtentechnik des Fachbereichs Elektrotechnik, nahm im Januar 2004 an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg seine Promotionsarbeit zum Thema „Machine Learning with Lipschitz Classifiers“ unter der Betreuung von Prof. Dr. rer. nat. Andreas Wendemuth (Magdeburg) und Prof. Dr. rer. nat. Hans-Günter Meier (Düsseldorf) auf. Ermöglicht wurde die Fertigstellung der Arbeit nicht zuletzt durch die interne Promotionsförderung der FH D. Hierdurch wurde Dipl.-Ing. Stuhlsatz neben seinem Promotionsstudium die Möglichkeit eröffnet, als wissenschaftlicher Mitarbeiter am von Prof. Meier geleiteten Labor für Mustererkennung zu arbeiten und zu forschen. Im Mai 2010 konnte Stuhlsatz seine Dissertation an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik in Magdeburg einreichen, die von den Gutachtern mit der Beurteilung „sehr gut“ (magna cum laude) angenommen wurde.
Für das FH-Journal sprachen wir mit Dr. Stuhlsatz sowie dem Ko-Betreuer Prof. Meier über die Arbeit und über generelle Aspekte von Promotionsförderungen an Fachhochschulen.
Können Sie zunächst kurz das Thema und die Zielsetzung Ihrer Arbeit zusammenfassen?
Stuhlsatz: Das übergeordnete Thema war maschinelles Lernen. Ich habe in meiner Dissertation mathematische Verfahren entwickelt und testweise auch angewendet, die es ermöglichen sollen, Maschinen und Computern beizubringen, aus vorgegebenen Datensätzen Ähnlichkeiten, Regelmäßigkeiten und Gesetzmäßigkeiten erkennen zu lernen und daraus etwaige Fehler beziehungsweise Unregelmäßigkeiten in diesen Datenmengen abzuleiten. Hierzu gibt es bereits einige unterschiedliche Verfahren für verschiedene Anwendungen, die alle diverse Vorteile und Nachteile haben. Das jüngste dieser Verfahren, die sogenannte „Support Vector Machine (SVM)“, ist sehr populär und im Wesentlichen auch verlässlich: Die SVM-Methodik hat sehr gute Erkennungsleistungen, aber doch nach wie vor gewisse Einschränkungen. In der Dissertation habe ich den Ansatz verfolgt, die funktionellen Leistungen in den von mir entwickelten Klassifikationsalgorithmen zu erhalten, die Schwachstellen hingegen zu beheben und die Anwendungsbreite des SVM-Verfahrens zu erweitern.
In welchen Bereichen liegen die konkreten praktischen Einsatzmöglichkeiten für die Verfahren der Support Vector Machine?
Stuhlsatz: Die Einsatzmöglichkeiten sind breit gefächert. Sie reichen beispielsweise von Werkstücken an Fließbändern, aus denen eine Kamera herausfiltert, welche Stücke defekt sind, über Spracherkennung bis hin zu Gesichtserkennung bei Sicherheitskontrollen am Flughafen. Hier müssen die untersuchenden Maschinen Klassifikationen erlernen, die ihnen ermöglichen, in den Datensätzen Anhaltspunkte zu identifizieren und zu klassifizieren, um defektive Daten auszusondern. Beispielsweise bestand bislang im SVM-Verfahren das Problem, dass etwa Fotos, die bisweilen unterschiedlich skaliert sind, aber ansonsten auf den exakt gleichen Datengrößen beruhen, unterschiedlich klassifiziert wurden. Die von mir entwickelten Verfahren gehen in die Richtung, Verfahren zu implementieren, die die Klassifikationsgüte ändern und den gewonnenen Informationen sozusagen eine funktionelle Robustheit aufzwingen. Wichtig zu bemerken ist allerdings, dass die Verfahren noch keine Produktionsreife erlangt haben, sondern es grundsätzlich um die Erstellung einer neuen Methode ging, die jetzt natürlich in den verschiedensten Anwendungen getestet werden muss. Erste Experimente habe ich selbst hierzu bereits mit Benchmarkdaten von Indikatoren für Herzinfarkt- und Brustkrebserkennungen durchgeführt, um zu testen, wie man die Algorithmen der SVM in Bereichen verwenden kann, wo sie bislang nicht funktioniert haben.
Herr Prof. Meier, welche Bedeutung hat diese Dissertation für Sie als einen der Mitbetreuer?
Meier: Zunächst möchte ich deutlich sagen, dass diese Dissertation inhaltlich weit über das hinausgeht, was man klassischerweise von solchen Arbeiten an Fachhochschulen erwartet. Üblicherweise liegt die Qualität von Dissertationen hier ja eher im Entwicklungsbereich. Diese Arbeit hingegen ist klassische theoretisch-konzeptionelle Forschungsarbeit, die zudem noch auf ihre Praxisrelevanz geprüft wurde.
Ebenfalls bemerkenswert war der Umstand, dass hier zum ersten Mal eine Promotionsstelle in direkter Bindung als wissenschaftlicher Mitarbeiterstelle an die FH Düsseldorf geschaffen wurde. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn in der Zukunft das hier bestehende Potenzial noch weiter sowohl für die Wissenschaft im allgemeinen als auch für unsere Hochschule im speziellen fruchtbar und auch sichtbar gemacht würde.
Stuhlsatz: Ein essentieller Faktor war hierbei natürlich die Förderung durch die Fachhochschule, ohne die ich meine Forschungsarbeit nicht oder nur extern hätte durchführen können. Es ist wichtig, durch das Angebot solcher Förderungen hieran anzuknüpfen, wenn man junge Forscher halten und an die eigene Hochschule binden will. Letztendlich haben die Resultate ja schließlich auch positive Effekte für die Hochschule, für die diese Arbeiten auch einen unschätzbaren Werbeeffekt haben.
Gibt es denn bereits Pläne für weitere ähnliche Förderungen?
Meier: Konkrete Fälle gibt es derzeit zwar nicht, sofern aber motivierte junge Studentinnen und Studenten ein fundiertes wissenschaftliches Interesse bekunden und nachweisen können, sind sowohl ich als auch, wie ich denke, die Mehrzahl meiner Kolleginnen und Kollegen gerne bereit, diese zu unterstützen.
Herr Dr. Stuhlsatz, was würden Sie denn für diesen Fall Ihren künftigen Kolleg/innen als Ratschlag mit auf den Weg geben, damit eine Promotionsarbeit so reibungslos wie möglich verläuft?
Stuhlsatz: Es muss schon deutlich gemacht werden, dass man eine ganze Portion Ausdauer und Sorgfalt benötigt, um eine Promotion erfolgreich durchzuführen. Gerade bei einem eher theoretisch angelegten Thema kann das auch ein recht einsames Unterfangen sein, im Gegensatz etwa zu Entwicklungsprojekten, bei denen man häufig in Gruppen arbeitet. Teilweise muss man sich dann auch einmal selbst motivieren und mitunter geradezu an den Haaren hochziehen. Es ist natürlich die Aufgabe der betreuenden Hochschule, den Rahmen zu bieten, aber man wird, im Gegensatz zum Studium, nicht an die Hand genommen. Aber wenn man bereit ist, selbständig zu arbeiten und Freude daran hat, sich den Herausforderungen zu stellen, kann das sehr motivierend und belohnend sein. Eigentlich ist es gerade auch der – sicher oft steinige – Weg, zu sehen, was sich im Laufe der eigenen Arbeit alles entwickelt und auch wie es sich entwickelt - auf Ab- oder Umwegen. Was man auf diesem Weg lernt, ist bereits ein absoluter Gewinn und eine lohnenswerte Gegenleistung für die investierte Zeit und Arbeit.