Professor Prima - Zum Tode von Hans Georg Lenzen
Viele wissen zu wenig von ihm. Doch etliche kennen ihn aus ihren Kindertagen. Was „Petit Nicolas“ den Franzosen, das hat er in der Übersetzung des „Kleinen Nick“ den Deutschen gegeben: eine wunderbare, weil poetische Perspektive auf eine heilende Welt – nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs. Alle, die sich noch nicht ganz erwachsen fühlen, sehen die Dinge des Lebens so wie Nick und seine Freunde Adalbert und Chlodwig und Franz und Georg und Joachim und Marie-Hedwig und Max und Otto und Luischen und Roland. Und überhaupt…
Und, dieses ursprünglichste Bindeglied jeder Erzählung, hält in den Kinderbüchern, die René Goscinny (der auch die Texte zu Lucky Luke sowie Asterix und Obelix schrieb) und Jean-Jacques Sempé (der danach als Titelbildgestalter des New Yorker zu einem Weltmeister der Illustration aufstieg) gemeinsam erdachten, zusammen, was nach naiver Logik zusammengehört – also alles. Neben dieser Konjunktion gab der kongeniale Nachdichter der deutschen Ausgabe sämtlicher Bände dem kleinen Nick noch ein schönes Zauberwort mit auf den Weg, das wir hier im Sinne seines Autors als Alternative zu den unsäglichen neumodischen Ausdrücken unbedingt zitieren müssen: „Prima!“
Hans Georg Lenzen, der am 2. Juli 1921 in Moers geboren wurde und von 1946 bis 1950 an der Düsseldorfer Kunstakademie studierte, ab 1952 an der Düsseldorfer Werkkunstschule als Dozent für Grundlagen der Gestaltung und Illustration und von 1962 bis 1965 als Gastdozent am Kansas City Art Institute tätig war und ab 1965 die Werkkunstschule unter dem neuen Namen Peter Behrens als Direktor leitete, ab 1971 als Prorektor mit in die Fachhochschule Düsseldorf überführte und dort bis 1986 als Professor im Fachbereich Design forschte und lehrte, ebendieser Hans Georg Lenzen ist am 21. Juli 2014 gestorben.
Warum wurde Hans Georg Lenzen der, der er war? Nämlich ein ausgezeichneter Illustrator und großartiger Geschichtenerzähler, der mit seinem „Onkel Tobi“ auch eine eigene erfolgreiche Reihe von Bilderbüchern herausbrachte, und ein so bedeutender Lehrer. Ganz einfach! Er paarte sein künstlerisches Talent mit Menschenliebe, um Wissen zu schaffen und Werte zu vermitteln. Einer seiner zahlreichen Schüler, Professor Uwe Loesch, bezeichnet ihn als „geborenen Pädagogen“. Und Professorin Irmgard Sonnen, die ebenfalls bei ihm studierte, schätzte seine sensible Art als „Primus inter Pares“. Mit anderen Worten: Hans Georg Lenzen war ein prima Professor.
In der Vorbemerkung des Übersetzers zum letzten Band seines großen Helden „Neues vom kleinen Nick“ schreibt Hans Georg Lenzen: „Prima“ ist ein prima Ausdruck. Er bezeichnet etwa dasselbe wie „Klasse“ oder „toll“ und ist immer ein Zeichen für höchste Anerkennung, die man zu faul war, genauer zu begründen.“ Was hiermit hoffentlich dennoch gelungen ist. Die Fachhochschule Düsseldorf trauert mit seiner Frau Marcelle und allen anderen Angehörigen und Freunden.
Von Wilfried Korfmacher
Der Verfasser dieses Nachrufs hatte in seinem Designstudium einmal einen Kurs über Sprache bei Hans Georg Lenzen und wurde später selbst an die Fachhochschule Düsseldorf berufen. Als Dekan des Fachbereichs lud er das Kollegium gern zum Gänseessen ein. An einem dieser Abende bot ihm sein alter Professor das Du an. Da fühlte er sich über die Maßen geehrt. „Herzlichen Dank, Hans Georg!“