Von der Methodologie zur Forschungspraxis – Doktorand*innen nutzen Tagung „Poststrukuralistische Diskursanalysen“ als Raum für Austausch und Vernetzung
Forschungsprojekte bergen viele Herausforderungen – insbesondere für jene, die das erste Mal eigenständig forschen: Doktorandinnen und Doktoranden. Von diesen gibt es seit einigen Jahren auch an Fachhochschulen mehr und mehr. Damit diese mit den Herausforderungen des Forschungsalltags nicht alleine stehen, hat der Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften im Januar eine Tagung speziell für den wissenschaftlichen Nachwuchs ausgerichtet, auf der es um Fragen der Methodologie und Forschungspraxis solcher sozialwissenschaftlicher Projekte ging, die ihre Forschungsfrage mit Hilfe der Diskursanalyse bearbeiten.
Die Diskursanalyse hat sich in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren immer breiter als Forschungsrichtung etabliert. Allerdings handelt es sich der Diskursanalyse nicht um eine konkrete Methode, es sondern um ein Forschungsprogramm, bei dem zudem verschiedenen Ansätze miteinander konkurrieren. Das heißt, es gibt keine detaillierte Anleitung für ein Vorgehen, das sich auf alle Forschungsprojekte anwenden lässt. Forschenden wird ein hohes Maß an Reflexion über das Zusammenspiel von Theorie, Methode und Gegenstand/ Forschungsfrage sowie die Übersetzung in konkrete Analyseschritte abverlangt. „Das erzeugt viele Unsicherheiten und hier ist gerade für Doktorandinnen und Doktoranden ein Austausch mit anderen Diskursforschenden sehr wichtig,“ so Verena Eickhoff, eine der Organisatorinnen der Tagung. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich 6 und arbeitet in ihrem Dissertationsvorhaben selbst mit der Diskursanalyse. „Leider ist es gar nicht so einfach, geeignete Räume für solche Diskussionen zu finden. Im Promotionskolloquium arbeiten häufig alle mit einer anderen Methode, Workshops gehen meist nicht über eine Einführung in die Diskursanalyse hinaus und auf Konferenzen wird erwartet, dass bereits Ergebnisse der Arbeit oder methodologische Weiterentwicklungen präsentiert werden – für Fragen der Forschungspraxis in laufenden Projekten ist hier kein Platz,“ erläutert sie weiter. Aus der Unzufriedenheit mit dieser Situation entstand die Idee, selbst eine passende Veranstaltung zu initiieren. Gemeinsam mit Ann-Kathrin Stoltenhoff von der Uni Tübingen plante und organisierte sie acht Monate lang, bis am 16. und 17. Januar 70 Personen aus ganz Deutschland, der Schweiz und Österreich an der FH Düsseldorf zusammenkamen, um zwei Tage lang über Fragen der diskursanalytischen Forschungspraxis zu diskutieren. „Von dem große Interesse waren wir ganz überrascht,“ so das Organisationsteam, „wir haben auf den Call 45 Einreichungen für Projektvorstellungen erhalten und über 100 Personen haben sich angemeldet, so dass wir leiderauch einige Absagen erteilen mussten.
Bewusst wurde ein Format zwischen Tagung und Workshop gewählt – Ziel war die aktive Einbindung möglichst vieler Teilnehmer*innen und ausreichend Raum für die Fachdiskussion. Für jedes der 12 vorgestellten Projekte aus den Bereichen Soziale Arbeit, Soziologie, Erziehungs- und Politikwissenschaften stand eine Stunde zur Verfügung. Dieses großzügige Zeitfenster ermöglichte einen intensiven Austausch und wurde von den Besucher*innen sehr gelobt. Auf sehr große Zustimmung traf zudem die Begleitung der gesamten Veranstaltung durch zwei ausgewiesene Expert*innen für Diskursanalyse: Prof. Dr. Daniel Wrana von der PH der FH Nordwestschweiz und Prof. Dr. Silke von Dyk von der Uni Kassel bereicherten die Tagung mit eigenen Vorträgen und betreuten die ganze Zeit über je eines der Parallelforen: Sie kommentierten die vorgestellten Projekte und brachten ihre eigenen Forschungserfahrungen in die Diskussion ein. Ermöglicht wurde ihre Teilnahme durch die finanzielle Förderung des Präsidiums der FH D. Abgerundet wurde das Programm durch eine Postersession, die die Kurzvorstellung von Forschungsprojekten ermöglichte.
„Eine Menge neue Ideen und Anregungen“, „super Diskussionsatmosphäre“, „Denkimpulse“, „mehr Selbstbewusstsein für die eigene Arbeit“, „neue Fragestellungen“ – so lauteten die Rückmeldungen der Teilnehmer*innen bei der Abreise am Samstag. Im Gepäck hatten viele nicht nur zahlreiche Anregungen, sondern auch neue Kontakte. „Uns war sehr wichtig, nicht nur einen einmaligen Austausch zu ermöglichen, sondern Gelegenheit zu einer länger anhaltenden Vernetzung zu bieten. Daher finde ich toll, dass sich eine Gruppe von 15 Personen gefunden hat, die sich auch in Zukunft zur Diskursanalyse austauschen möchte. Wir müssen jetzt noch gucken, ob das eher mit Regionaltreffen vor Ort oder als Onlinekolloquium stattfinden wird. Ich bin sehr gespannt auf die kommenden Diskussionen,“ freut sich Organisatorin Verena Eickhoff. Zufrieden äußert sich auch die Promotionsbeauftragte der FH D, Prof. Dr. Ruth Enggruber, die die Tagung mit ihrem Kollegen Prof. Dr. Fabian Virchow unterstützt hatte und als Moderatorin zu einer kritisch-fundierten und dabei stets kollegialen Diskussion beitrug: „Für mich zeigt diese Fachveranstaltung zur Diskursforschung, wie stark die FH Düsseldorf exzellente Forschung generell und speziell von angehenden Doktorandinnen und Doktoranden fördert und wertschätzt.“